Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Österreich
Alm vs Austria – die Pastakrone
Text: Niko Alm
2021 brachte ich eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein. Seine Entscheidung wird am 15. Dezember 2022 veröffentlicht.
Den Führerschein mit dem Foto, auf dem der Typ ein Nudelsieb auf dem Kopf trägt, kennen sehr viele Menschen. Dass ich das bin, nicht unbedingt, aber das ist auch egal. Die Geschichte wurde auf der ganzen Welt seit dem Sommerloch 2011 immer wieder gebracht, fand 2016 Eingang als Beispiel in die Zentralmatura (Nota bene: Alm wird immer ein Teil davon sein.), in alle möglichen wissenschaftlichen Arbeiten und wurde in der Dokumentation „I, Pastafari“ (Amazon Prime) verarbeitet.
Warum ich dieses Foto durchsetzen wollte, haben auch fast alle verstanden. Die Regelung, dass Hüte nach Passbildkriterien, die auch für Führerscheine gelten, nur aus medizinischen oder religiösen Gründen getragen werden dürfen, ist unnötig diskriminierend. Es ist eine nicht nachvollziehbare Einschränkung der persönlichen Ausdrucksfreiheit und individuellen Selbstbestimmung, die ich für mich nicht gelten lassen wollte.
Religiöse Gründe
Nachdem eine Amtsärztin überprüft hatte, dass bei mir keine medizinischen Gründe vorlagen, wurde mir als Anhänger der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters der Führerschein mit Nudelsieb als Kopfbedeckung aus religiösen Gründen auch damit angefertigt. Die Polizei versuchte den Fall später umzudeuten, wonach der Führerschein ohnehin ausgestellt werden hätte müssen, weil das Gesicht ja frei war. Doch das war schlicht und einfach eine Lüge. Jede Behördenkommunikation für Passfotos, Personalausweise und Führerscheine normiert ganz eindeutig seit vielen Jahren, dass Hüte nur aus medizinischen und religiösen Gründen getragen werden dürfen.
Einige weitere Führerscheine in Österreich mit Nudelsieb oder anderen Kopfbedeckungen wurden in Folge auch nicht genehmigt. Die neue Strategie der Behörden lautet seither, dass nur gesetzlich anerkannte Religionen dieses spezielle Sonderrecht nützen dürfen. Die Polizei hat also geschwindelt und Medien haben diese Täuschung unhinterfragt wiedergegeben. Klar, was die Polizei sagt, muss ja stimmen, nur schreibt der VwGH in der später folgenden Urteilsbegründung selbst:
Soweit das Zulässigkeitsvorbringen darüber hinaus vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende einfachgesetzliche Rechtsfragen berührt, ist auf § 4 Abs. 3 und 4 PassG-DV, BGBl. II Nr. 223/2006, idF BGBl. II Nr. 480/2010, zu verweisen. Nach diesen Bestimmungen sind Gegenstände im Lichtbild unzulässig. Das Tragen von Kopfbedeckungen ist nur aus medizinischen oder religiösen Gründen zulässig.
Reisepass und Personalausweis
Um die Behörden noch ein weiteres Mal als Wahrheitsverdreherinnen zu entlarven und die nach wie vor bestehende Diskriminierung ein weiteres Mal zu thematisieren, beschloss ich, 2018 sowohl Reisepass als auch Personalausweis mit religiöser Kopfbedeckung zu beantragen. Da der Pastafarianismus eine modische und dynamische Religion ist, brachte ich mir bei, eine Pastakrone aus Nudelteig zu flechten. Das Ergebnis war von schmerzhafter Schönheit. Die Zacken der Pastakrone bohrten sich wie Stacheldraht in meine Haut und sollten fürderhin das Leiden der langen Behördenwege symbolisieren.
Mit dem Ergebnis auf Fotopapier muss das FSM selbst zufrieden gewesen sein. Ich schritt zum Amt und das Magistrat in 1050 Wien nahm meinen Antrag für den Personalausweis mit Pastakrone auch an, überlegte es sich aber kurz darauf anders, rief mich an und wollte die Amtshandlung ein paar Stunden später wieder rückgängig machen. Das ließ ich nicht zu. Allerdings wurde beim Antrag für den Reisepass der Beamte ein paar Tage später schon vorgewarnt:
Pasta ist ein Höchstgericht
Ich beschloss vor Gericht zu gehen und die Fotos in den Ausweisen auf diesem Weg durchzusetzen. Mein Anwalt Wolfgang Renzl unterstützte mich dabei logisch präzise und wortgewandt wie immer.
Schlussendlich wurde meine Hartnäckigkeit und -weizengrieß unter anderem mit folgender Begründung abgewehrt:
Das ist insofern spannend als Hijab, Turbane oder Kippot natürlich gleichermaßen die Republik der Lächerlichkeit preisgeben würden und trotzdem erlaubt sind. Oder gibt es seriöse religiöse Hüte? Und würde nicht eigentlich der Träger der Pastakrone sich lächerlich machen?
Nach einem Verfahren durch mehrere Instanzen ging die Sache bis zum Verwaltungsgerichtshof und als Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung ablehnte. Die Rechtsmittel waren ausgeschöpft und abgeseiht. Übrig blieb nur der Weg zum EGMR. Am 21. April 2021 brachte ich gemeinsam mit Wolfgang Renzl die Beschwerde ein, um folgendes festzustellen.
Die Entscheidung des EGMR wird am 15. Dezember 2022 um 10.00 verkündet.
Wie ist das Verfahren ausgegangen?
Hier ist ein Bericht zum unerfreulichen Ergebnis: https://hpd.de/artikel/fliegendes-spaghettimonster-diskriminierung-oesterreichischer-pastafaris-20922