Fleischbällchen treffen Köfte: Besuch einer Muslima

Zu unserem allmonatlichen Monsterloben gesellt sich diesmal eine Muslima und bringt uns höchstkreative Impulse.

Spannend, spannend geht es dieses Monat in unserer Libationsrunde zu. Es kündigt sich eine muslimische Gasthörerin an. Ich kenne und staune über Mikli schon ihr ganzes Leben, und daher ist es mir eine große Freude, dass sie sich für mein spirituelles (aus ihrer Sicht spiritistisches) Leben interessiert.

Die engagierteste, kämpferischste und holistischste junge Frau, die ich kenne, Ehefrau, Mutter, Studentin, Kritikerin, Gläubige, all das ist Mikli. Und eines ist sie auf jeden Fall: Neugierig. Sie hat sich gut eingelesen und vorbereitet, als sie sich zu uns an einen Tisch setzt. Vermutlich kennt sie unsere Frohbotschaft besser als ich selber. Vielleicht besser als alle bei Tisch.

Sie lacht über unsere Wünsche und Ziele, nicht verächtlich sondern verstehend. Viele Wünsche, die wir als Pastafari haben, kennt sie am eigenen Leib.

“Ja, aber“, sagt Pater Michael, „der Islam ist eine anerkannte Religionsgemeinschaft, darum kämpfen wir Pastafari ja noch.“

Mikli schmunzelt. „Am Papier sind wir anerkannt. Und in der Realität?“ Sie erzählt von Aspekten des Islamgesetzes. Sie erzählt von Dingen, die im Innersten verunsichern. Sie sagt, dass sie sich sehr bewusst ist, dass – egal wie gut du integriert bist, egal wie du dich bemühst, egal wie sehr du dich assimilierst – ein Funke genügt und das Trennende wird hervor geholt.

Sie bewundert andere Muslimen, die sich in diesem Land Häuser kaufen. In einem Land, in dem es nichts bringt, die Kinder Sigmund und Peter und Albert zu nennen. Wenn die Dinge schief laufen, müssen sie trotzdem bei Nacht und Nebel flüchten. Werden sie trotzdem vergast. Auch wenn sie sich zum Christentum bekannten. Auch wenn sie völlig assimiliert schienen. Wenn die Dinge schief laufen, dann wird ein Gesetz erlassen, und dein Haus, deine Existenz, dein Leben sind futsch. Ganz einfach in diesem Land.

Wir kriegen die Schnappatmung an diesem Tisch. Das ist hart formuliert. Sowas ist doch im Österreich von heute nicht mehr möglich. Der Holocaust kann sich nicht mehr wiederholen. Aber Mikli zitiert Gustostückerln aus dem Islamgesetz und fragt, wie wir das interpretieren, und sogar Hugo drückt die Lippen breit. Sie sagt, rational weiß sie das eh. Rational fühlt sie sich in Österreich sicher. Aber es gibt diese Restwahrscheinlichkeit. Und 99 Prozent sind nicht hundert. Niemals.

Sie sagt: „Schau, ich trage kein Kopftuch, ich spreche akzentfrei, ich bin hier geboren. Und jeder, den ich kennenlerne, fragt: Und wo kommst du her? Und er will nicht zur Antwort hören: Aus der Neustiftgasse. Er will hören: Aus der Nordost-Türkei.“

“Ist bei mir eh dasselbe“, sage ich, „wenn die Leute meinen Namen hören, fragen sie: Aha, und wo kommst du her? Und meine Familie ist seit vier Generationen hier und ich hab blaue Augen und blonde Haar. Nützt das was? Willst wissen, wie oft ich das gehört hab in meinem Leben: Wo kommst du her mit einem slawischen Namen?“

Sie stutzt. „Und wo kommst du her?“ Wir lachen. „Aus der Donaustadt.“

Sie ist nicht zufrieden mit dem staatlich sanktionierten Islam. Sie sagt, die Anleitung zum muslimischen Leben ist das genaue Gegenteil von dieser Institutionalisierung. Jeder Gläubige soll für sich selber die Schrift lesen und interpretieren. Und in der Praxis sieht es meist so aus, dass man bei einem Problem von einem Gelehrten zum nächsten läuft, so lange, bis man endlich einen Hodscha gefunden hat, der die Schrift im eigenen Sinn interpretiert. Wir trinken auf diese Flexibilität.

„Warum haben die Muslime in Österreich eigentlich nie darum gekämpft, fürs Freitagsgebet arbeitsfrei zu bekommen? Was glaubst, wie dann die Zahl der Gläubigen in die Höhe gehen würden? Die ganzen Scheinchristen, die das ganze Jahr nur einmal in die Kirche gehen zum Palmkatzerlweihen, die würden sofort zum Islam konvertieren, wenn sie dann einen freien Tag mehr kriegen würden?“

“Nein, nicht mehr freie Tage“, ermahnt Pater Michael, „nur andere. Statt Samstag, Sonntag frei dann eben Freitag, Samstag frei. Oder so.“

“Geh, das ist doch Blödsinn. Wir müssen Werbung machen: Als Pastafari kriegst du zusätzlich den Freitag frei. Aber wir müssen viele sein, dann können wir das politisch durchsetzen. Die zehn Prozent Protestanten sind zu wenig, denen stanzen sie den Karfreitag, ohne mit der Wimper zu zucken. Aber wenn wir einmal sechzig Prozent Pastafari in Österreich haben? Was glaubst, wie lange es dann dauert, bis wir uns den freien Freitag erstreiten?“

Mikli lacht wieder einmal. „Gut, dann gehen wir in Koalition. Wir kämpfen miteinander Hand in Hand für den arbeitsfreien Freitag. Muslimen und Pastafari.“

“Wir haben ja doch mehr gemeinsam als wir glauben“, sagt Bruder Martin.

„Darauf trinke ich“, sagt Hugo, „Ramen, meine Kinder.“

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