Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Österreich
~ Stellinus‘ Gemeindebriefe ~ No.11 ~ Betreff: Blasphemie?
Absender: Stoertebeker<Arrgh>Pastafari-Norden.de
Empfänger: FAQ-Stellinus<Arrgh>FAQ-FSM.de
Betreff: Blasphemie?
Arrgh!
Unsere letzte Nudelmesse war wieder ein voller Erfolg: gutes Essen, kaltes Bier und interessante Gespräche. Ein Punkt wurde besonders diskutiert: Wie gehen andere Religionen und wir mit Kritik um?
Andere Religionen nutzen ja gerne den Vorwurf der Blasphemie, um sich vor Kritik zu schützen. Was soll passieren, wenn ein Ungläubiger das Volk der Piraten oder sogar, das Nudelige Moster beleidigt? Wie stehen wir Pastafari zum § 166 StGB, dem Blasphemieparagraphen? Sollten wir ihn auch nutzen?
Arrgh,
Eure Nordener Pastafari
Antwort von FAQ-Stellinus<Arrgh>FAQ-FSM.de
Hallo liebe Nordener!
Ich freue mich immer wieder, von einer aktiven Piratenmannschaft und intensiven Gesprächen zu hören!
Wenden wir uns eurer Frage zu:
Was ist denn eigentlich mit Blasphemie gemeint und welche Gesetze gibt es dazu? Nicht jeder Mensch kennt diesen Begriff und versteht ihn, deshalb hier erst einmal eine Erläuterung.
Wikipedia als erste Anlaufstelle im Internet bietet hier eine (zusammengefasste) Auskunft:
„Blasphemie bezeichnet das Verhöhnen oder Verfluchen bestimmter Glaubensinhalte einer Religion oder eines weltanschaulichen Bekenntnisses.
Nach dem Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen, „sind Verbote von Darstellungen mangelnden Respekts vor einer Religion oder anderen Glaubenssystemen, einschließlich Blasphemiegesetzen, mit dem Vertrag inkompatibel, außer in den bestimmten Umständen, wie sie in Art. 20, Absatz 2 des Vertrags vorausgesehen sind.“
Der Art. 20 Abs. 2 ruft Staaten dazu auf, Folgendes zu verbieten:
„Die Verfechtung nationalen, rassistischen oder religiösen Hasses, welche zur Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt anstiftet.“
Die Kommission verlangt mit Bedacht, dass keine Gesetze die Garantien des Abkommens auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 26) und der Freiheit des Denkens, des Gewissens und der Religion (Art. 18) verletzen darf.
Gegen dieses Menschenrecht wird jedoch in vielen Staaten verstoßen. So gilt Gotteslästerung in vielen Religionen als schwerer Verstoß.
Beispiel: In der Bundesrepublik Deutschland ist die Beschimpfung/Beleidigung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen nach § 166 StGB dann strafbar, wenn sie „geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“.“
Wir sehen also, dass in Deutschland im Strafgesetzbuch tatsächlich der Tatbestand „Blasphemie“ mit Strafandrohung vorhanden ist und dies der UN-Menschenrechtscharta wiederspricht.
Da Bekenntnisse, Religionsgesellschaften und auch Weltanschauungsgemeinschaften mit diesem Paragraphen geschützt werden, fällt aber natürlich auch der Humanismus, der Glaube an unser fliegendes Spaghettimonster und der Atheismus darunter.
Die Formulierung „wenn sie geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“ ist hier aber besonders kritisch zu betrachten. Im Klartext bedeutet dies nämlich: Je mehr sich Anhänger einer Religion über eine Aussage oder Kritik aufregen, desto eher ist der „öffentliche Friede“ gestört und umso eher kann dann § 166 angewandt werden!
Wir sehen hier den eigentlichen Zweck dieses Paragraphen: Eine Auseinandersetzung mit den Aussagen soll nicht stattfinden! Es soll Ruhe in der Bevölkerung herrschen! – Halt typisches Obrigkeitsdenken!
Ein kurzer Blick in z.B. die Bibel zeigt ganz offensichtlich, dass andere Religionen oder Nicht-Gläubige schon aus der „heiligen Schrift“ heraus geschmäht oder bedroht werden:
„Hesekiel 9, 4-11; Psalm 137, 9; Matthäus 18, 6; 2. Korinther 6, 14 und 17; Epheser 5, 6; Galater 5, 12; Offenbarung 19, 20-21; Offenbarung 2, 26-27“
Eng genommen ist somit die Bibel selbst ein blasphemisches Buch und der Verfasser/Herausgeber müsste nach § 166 bestraft werden!
Auch die diversen Aussagen von Bischöfen, Kardinälen und den Päpsten fallen oft unter Blasphemie, werden aber nicht angezeigt.
Ein Beispiel:
Meisner, Dr. Joachim (Kardinal, ehem. Erzbischof von Köln)
„Nur ein gläubiger Mensch wird auf Dauer ein friedfertiger Zeitgenosse bleiben.“
Silvesterpredigt, Kölner Dom,31.12. 1992
Selbstverständlich können auch wir den Schutz des Gesetzes verlangen, sollte eine Aussage unsere Glaubensinhalte beleidigen. Eine Anzeige bei der Polizei bzw. Staatsanwaltschaft kann das Verfahren in Gang bringen.
Eine andere Frage ist natürlich, ob ein solches Verfahren in Bezug auf die großen Religionsgemeinschaften in Deutschland überhaupt von Erfolg gekrönt sein kann! Hier darf gezweifelt werden, denn die Trennung von Staat und Religion ist noch nicht durchgeführt! Siehe hierzuauch das Thema „Kindesmißbrauch in der Kirche“.
ABER: Mit dem entsprechenden öffentlichen Diskurs (unter Nutzung der Medien) könnten wir hier den Stein „Blasphemiegesetz“, frei nach dem Motto „steter Tropfen höhlt den Stein“, vielleicht tatsächlich auflösen!
RAmen
Euer Bruder S.
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