Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Österreich
Von Nudeln, Fleischbällchen und Male Strippers – Teil 4
Eine queerfeministische Analyse der „Gospel of the Flying Spaghetti Monster” unseres Propheten Bobby Henderson
Verfasst von: Ordensgeschwisterchen Emil Eva Rosina, Gründungsmitglied des feministischen Ordens Les Femmes Farfalle der KdFSM Österreich
Verwiesen wird im ganzen Text auf folgende Ausgabe des Heiligen Textes: Henderson, Bobby: The Gospel of the Flying Spaghetti Monster. New York: HarperCollinsPublishers 2006.
Teil 3: hier.
Piratinnen und Frauenrechte
Während andere Geschlechter abseits von „männlich“ und „weiblich“ im Gospel leider nur implizit vorkommen (vgl. Teil 3), äußert sich das Fliegende Spaghettimonster durch den Propheten mehrmals zu Frauenrechten.
Das Nudelige Monster verkündet die absolute Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, die absurder Weise von anderen Religionen immer noch abgestritten wird. Misogynie soll bekämpft werden, jedoch unbedingt auf vollen Magen (vgl. 100). Außerdem: „Woman = Person. Man = Person. Samey-Samey.“ (100) Keines dieser beiden Geschlechter sei besser als das andere – außer, wenn es um Modegeschmack gehe, den der Prophet den Frauen und ein paar Männern zugesteht (vgl. 100). Letzteres ist so zu verstehen, dass das FSM einen performativen Selbstwiderspruch in die Offenbarung einbaut (Männer und Frauen sind „Samey-Samey“, aber gleichzeitig werden klassische Stereotype von der modebewussten Frau und dem „metrosexuellen“ Ausnahme-Mann bedient).
Damit soll die Fehlbarkeit selbst unseres Propheten verdeutlicht werden, der sogar Hexenverbrennungen als wirksame Krankheitsbekämpfung verkauft (vgl. 18, 19) und den im Übrigen Penisgrößen auffällig beschäftigen (vgl. 11, 24, 69, 93). Das wird zugespitzt bis hin zu der Aussage, dass deshalb keine Knochen von denjenigen Dinosauriern zu finden sind, die gemeinsam mit den Menschen gelebt haben, weil diese nur aus riesigen Schwellkörpern bestanden hätten. (vgl. 69)
Frauen werden aus einem männlichen Blickwinkel vor sexualisierter Gewalt durch andere, „perverse“, „fremde“ Männer „in Schutz genommen“: Bezüglich eines Kampfstils mit dem Hinterteil voran empfiehlt der Prophet: „Women are not advised to try this in the company of perverted men” (31), und es wird vor einem Fremden gewarnt, der „inseminates your wife with his own seed” (10). Durch die Attitüde eines scheinbar aufgeklärten Mannes mit Peniskomplex und Schutzinstinkt hält der Prophet der Gesellschaft einen Spiegel vor: Er verkörpert selbst an zahlreichen Stellen den modernen Typus des toxischen weißen Mannes – dass er noch nicht alt ist, beweist, dass das Monster zukunftsorientiert denkt – und verkündet gleichzeitig die Botschaft der Gleichstellung und Anti-Diskriminierung. Das Spaghettimonster hat durch ihn einen Propheten gewählt, der die Zerrissenheit der Menschheit, die aus vielen einzelnen Spaghetti-Strings besteht (vgl. 53-55), perfekt symbolisiert und sowohl das Problem als auch die Lösung in sich trägt.
Die bildliche Darstellung von „pirates“ zeigt außerdem oft männlich gelesene Personen (vgl. 28), doch gleich zu Beginn der Gospel wird eine Frau als „great Pirate” bezeichnet (vgl. vii). Die Körpergröße von „males“ wird als Vergleichsgröße herangezogen, wenn der Prophet argumentiert, dass die Menschheit größer wird, weil dem FSM die Nudelarme ausgehen, mit denen Es uns als Gravitation zu Boden drückt. (vgl. 5) Teilweise verwendet der Prophet aber, wenn er Personen allgemein bezeichnen will, Ausdrücke wie „his or her” (8, 26) oder „ladies and gentlemen” (49), die zwei Geschlechter miteinschließen, einmal findet sich auch ein generisches „her”, mit dem alle Leute beispielhaft bezeichnet werden (vgl. 128). Dass keine sprachliche Bezeichnungsstrategie durchgezogen wird, und dass andere Geschlechter nicht mitbezeichnet werden (vgl. Teil 3) ist im Lichte der Diskontinuität religiöser Texte zu sehen. Nicht eine absolute Botschaft ist das Ziel des Monsters, sondern gerade in der Mehrdeutigkeit liegt die progressive Kraft der Nudeligen Offenbarung, in der wir zur Selbsterkenntnis angeregt werden.
In unserer Schöpfungsgeschichte wird der Mann klassisch zuerst geschaffen, dann hat die Nudeligkeit eine Überraschung für „Man“: „Woman“, und der Mann fragt das FSM: „Can I keep her?“ (vgl. 92-93) Wer sich dabei an ein Kind erinnert fühlt, das ein Haustier behalten will, liegt nicht ganz falsch, sollte aber bedenken, dass der Frau damit immerhin eine eigene, selbstständige Existenz gewährt wird. Wie der Mann wird sie aus dem Nichts geschaffen, sie ist kein Teil des Mannes wie etwa im Christentum, sondern wird im Nachhinein versklavt. Dass sie zu Beginn des Intelligent Designs durch das Monster dem Mann zum Vergnügen gegeben wird, zeugt von realistischem historischem Bewusstsein. Während Erkenntniswille durch die Frau in der christlichen Schöpfung bestraft wird, zeigt das Bild des Haustiers die Möglichkeit auf, den Besitzer in einer emanzipatorischen Geste zu beißen und wegzulaufen.
Teil 5: hier.